Wohlwollende Zuhörer
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zu sagen haben (vgl. Luckmann 2007: 84f.). So kann erklärt werden, dass diese trotz
mangelnder Ausdrucks- bzw. Sprachfähigkeit als soziale Akteure zu behandeln
sind – wenngleich es sich bei ihnen weiterhin um besondere bzw. besonderte Akteure handelt. Sprache bleibt somit ein wichtiges Kriterium der praktischen und
alltäglichen Definition von sozialen Akteuren – allerdings wird dieses Kriterium
auch anderen Akteuren zugesprochen.
4
Hunde-Bildung und Hunde-Sozialisierung
Was sagt dies nun über das Feld schulischer Bildung aus? Offensichtlich müssen
auch Hunde gewissermaßen eingeschult, d. h. auf den Unterricht vorbereitet werden.
Diese Vorbereitung zielt darauf, den Hunden ihre ‚wilden‘ Bestandteile zu nehmen.
Einerseits geschieht dies durch die Vorauswahl geeigneter Hunde, andererseits
dadurch, dass ein Setting geschaffen wird, in dem Hund und Kinder kontrolliert
aufeinandertreffen können. Schule erscheint dabei als Sphäre des zivilisierten
und disziplinierten Verhaltens: Hunde sollen hier als freundliche, geduldige und
schweigsame Zuhörer auftreten und eben nicht als aggressive, unruhige und laute
Wildtiere. Damit stehen die Hunde auch in Analogie zu den Schülern. Beide müssen
zumeist in ähnlicher Weise still halten und sich der schulischen Ordnung unterwerfen. Die ausgewählten Hunde führen gewissermaßen vor, wie sich auch die Schüler
zu verhalten haben. Sie erweisen sich dabei aus Sicht der Lesehundebefürworter
insofern als die besseren Lehrer und Mitschüler, als sie nicht urteilen – weder als
wertende Pädagogen, noch als hänselnde Peers. Sie gelten als ‚edle Wilde‘, die einen
naiv-unverstellten Zugang zu den Kindern eröffnen. Auf der Ebene der hier vertretenen Lerntheorie bewegen sie sich im Spannungsfeld eines zivilisierten Haustiers
und eines (potenziell) gefährlichen Wildtiers – zwischen Domestikation und Natur.
Aus sozialtheoretischer Sicht zeigt sich, dass die Frage nach dem Akteursstatus
verschiedener Entitäten nicht immer eindeutig entschieden werden kann. Die Lesehunde sind für Schüler und für Hundeführer weder unbelebte Dinge noch unzugängliches Wildtier, aber eben auch keine vollwertigen Akteure. Sie sind einerseits
Adressaten eines bedeutungsvollen Akts und dementsprechend wird ihr Verhalten
als Reaktion auf diesen Akt interpretiert. Besonders deutlich wird dies daran, dass
es genügt, dass die Hunde ruhig liegen bleiben. Selbst dies gilt den Schülern (auch
dank der Interpretationsangebote der Hundeführer) als gerichteter Akt des Zuhörens. Andererseits sind die Hunde aber in ihrem Akteursstatus eingeschränkt.
Sie benötigen Fürsprecher, die in ihrem Namen Fragen beantworten, ihr Verhalten
erklären oder Umgangsweisen mit ihnen einfordern. Mit dieser Hilfskonstruktion
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Tobias Röhl
wird der fragile Akteursstatus der Lesehunde von den Hundeführern zwar abgesichert, der Lesehund aber zugleich als besonderer Akteur hervorgehoben. Ferner ist
ein Lesehund für die Beteiligten ein nicht zur Wertung fähiges Wesen und damit
auch kein den Menschen gleichgestellter Akteur, sondern eine Art ‚non-judgemental
dope‘, ein gutmütiger Trottel also (und genau dies prädestiniert die Hunde ja für
ihren spezifischen Einsatz). Statt eines vollwertigen Akteurs haben wir es damit im
Fall der Lesehunde mit Quasi-Akteuren zu tun, die aus Sicht der anderen Akteure
Bedingungen wie etwa die Austauschbarkeit der Standorte nur teilweise erfüllen.
Im Anschluss an interaktionistische Studien zu Mensch-Tier-Beziehungen liefern
die Lesehunde Anhaltspunkte dafür, dass der Akteursstatus graduell und situativ
variabel zu begreifen ist. Von den Lesehunden kann die Soziologie deshalb nicht
nur etwas über schulische Bildung und die Domestikation eines Tiers lernen,
sondern auch, wie, wann und inwieweit einer Entität der Akteursstatus jeweils
zuteil oder entzogen wird.
Literatur
Arluke, Arnold/Sanders, Clinton R. (1996): Regarding Animals. Philadelphia: Temple
University Press.
Beetz, Andrea/Heyer, Meike (2014): Leseförderung mit Hund: Grundlagen und Praxis.
München: Ernst Reinhardt.
Bergmann, Jörg R. (1988): Haustiere als kommunikative Ressourcen. In: Soeffner, Hans-Georg
(Hrsg.): Kultur und Alltag. Soziale Welt (Sonderband 6). Göttingen: Schwarz, 299–312.
Descola, Philippe (2013): Jenseits von Natur und Kultur. Berlin: Suhrkamp.
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