Auswahl, Zucht und Erziehung
Das Konzept der Lesehunde greift auf verschiedene Strategien zurück, um die Begegnung von Kindern und Hunden zu figurieren. Bereits der Umstand, dass man hier
auf Hunde und nicht auf andere Tiere zurückgreift, stellt eine Setzung dar. Hunde
gelten als besonders geeignet für den Einsatz in therapeutischen und pädagogischen Kontexten. Begründet wird dies beispielsweise mit der langen Ko-Evolution
von Mensch und Hund, die dazu geführt hat, dass Hunde dazu in der Lage sind,
die „menschliche Gestik und Mimik erfassen und deuten zu können“ (Schüßler
2015: 14). Ferner bieten sie „unconditional acceptance, present a nun-judgemental
[sic] and non-threatening atmosphere […] and give the client a forum of comfort
and safety“ (Webseite zit. n. Schüßler 2015: 14). Besonders geschätzt wird, dass sie
nicht werten und urteilen. So meint eine Lehrerin: „Unsere Lesehunde waren sehr
geduldig mit den Kindern, hörten zu und manchmal schliefen sie auch ein. Und:
sie überhörten jeden Fehler“ (zit. in Grobholz 2011: 22). Jedes Kind – egal welcher
Herkunft oder schulischer Leistung – wird von den Hunden gleichermaßen angenommen, so eine Interviewpartnerin:
Also, ein Hund nimmt ja ein Kind gnadenlos so wie es ist, ja? Ob es ein Kopftuch anhat, ob es äh gut rechnen kann, ob es ähm ja, schlimme Ausdrücke
((kurzes Lachen)) erzählt, oder was auch immer, ja? Und das ist das, was die
Kinder so öffnet. Und ähm was dieses Lesehund-Projekt ausmacht. Ob das
Kind gut liest, oder schlecht liest, der Hund, der wertet nicht. Und das merken
die Kinder. […] Egal, wie das Kind gelesen hat, es hat immer super gelesen
und es hat einfach sein Bestes gegeben. Und ähm, also das versuch ich immer
rüberzubringen und äh, das bringt Max rüber.
(Interview 1)
Damit sind Hunde wohlwollende Interaktionspartner, die weder pädagogisch noch
sozial werten. Gerade hierin liegt aus Sicht der Lesehundbefürworter ihre pädagogische Qualität: Da Kinder in der Schule oft das Urteil des Lehrers oder ihrer
Mitschüler fürchten, sind einige beim (Vor-)Lesen gehemmt. Ein Wesen, das solche
Urteile nicht fällt und dies für die Kinder auch so darstellt, hilft solchen Schülern –
und wer nur oft genug (vor-)liest, verbessert seine Leistungen. Hunde sind für die
Befürworter der Lesehunde dabei auch eine Art „natürliches Beruhigungsmittel“
(Schüßler 2015: 14), wie auch einer der interviewten Hundeführer berichtet:
Durch die Bank weg ist es so, dass die ähm Kinder viel relaxter sind im Unterricht, aber trotzdem besser aufpassen und äh, viel Stress rausgenommen
Wohlwollende Zuhörer
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wird, äh viel Aggression rausgenommen wird, auch untereinander Aggression
rausgenommen wird.
(Interview 2)
Eine weitere Qualität, die den Hunden als pädagogischen Helfern zugeschrieben
wird, ist ihre motivierende Wirkung:
Die Motivation war groß nun doch schnell lesen zu üben, denn man musste
dem Hund ja etwas vorlesen.
(Lehrerin zit. in Grobholz 2011: 22)
Jedes Kind ist wirklich ganz ganz offen dem Max gegenüber, ja, und bereit ähm,
also die würden für ihn, ich weiß jetzt nicht was, ja, aber äh ihre Hausaufgaben
dreimal machen. ((lacht))
(Interview 1)
Die Grundlage dieser Motivation wird in der positiv-affektiven Beziehung der Kinder
zum Hund gesehen. Der Hund ist aus Sicht der Hundeführer dementsprechend in der
Rolle eines „großen Bruders“ oder „Freundes“ (Interview 1). Mit diesen genannten
positiven Eigenschaften erscheint der Hund als eine Art edler Wilder, der jenseits
zivilisatorischer Verblendung und Überheblichkeit in der Lage ist, das wahre Ich
der Kinder zu sehen und eine authentische Beziehung mit diesen einzugehen.
Dennoch wird immer wieder darauf hingewiesen, dass nicht alle Hunde gleichermaßen für den Schuleinsatz geeignet sind. Gesucht werden besonders ruhige und
gelassene Hunde. Die Auswahl des Hundes kann schon bei der Wahl des Züchters
und dann eines Welpen ganz gezielt beginnen, wie ein Interviewpartner berichtet:
Halt über die Züchterin, die ich mir ausgeguckt hatte ähm das äh angegangen,
zu sagen: „So, aus dem nächsten Wurf hätte ich gern einen Hund. Das und
das wird sein Job sein.“ Das ist eine Züchterin, die züchtet seit dreißig Jahren,
das heißt, die konnte wirklich bei dem Wurf von Anfang an gucken, welchen
Hund würde sie da sehen, in der Schule. Welcher Hund ist so ausgeglichen
und auf der anderen Seite auch so belastbar.
(Interview 2)
Allgemein gehen die Teilnehmer davon aus, dass es sich bei Schulen um besonders
laute und unruhige Orte handelt, die den Hunden starke Belastungen zumuten
(vgl. Grobholz 2011: 9f.). Als Vergleich dienen andere Besuchshundeinsätze (etwa
in Altenheimen) oder der Einsatz als Lesehund an weniger lauten und unruhigen
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Tobias Röhl
Orten. So heißt es beispielsweise über einen Hund, der sich als ungeeignet für den
Einsatz als Schullesehund herausgestellt hat:
Sie hat gezittert und konnte es gar nicht abwarten, bis sie wieder im Auto war. Sie
wäre vielleicht als Lesehund in einer Kinder- oder Jugendbücherei geeignet, in der
alles viel leiser und kontrollierter zugeht (Grobholz 2011: 10).
Demgegenüber steht der besonders geeignete, weil gelassene Hund. Ein Interview
partner beschreibt die Reaktion eines solchen Hundes auf den Schuleinsatz wie
folgt:
Ähm und das aushalten, das äh zu erkennen: „Aha, das ist auch Teil meines
Lebensraums. Und das ist in Ordnung, da sind viele Menschen, da fällt ein
Stuhl runter, da quatschen die auch mal durcheinander, da laufen alle hin
und her.“ Das ist aber für meinen Hund kein Problem, also (das) ist ein ausgesprochen entspannter Hund, aufgeschlossener, neugieriger Hund, aber das
ist sein Hauptauftrag.
(Interview 2)
Ferner wird betont, dass die Hunde „freundlich“ sein und Kinder „lieben“ müssen.
Zur Beurteilung dieser Eigenschaft ziehen die Teilnehmer verschiedene Indizien
heran: Hunde sollen „freundlich ‚wedeln‘“ (Grobholz 2011: 10), sich beim Streicheln
auf den Rücken rollen, auf Menschen zugehen etc. Einerseits unterstellt man, dass
sich diese Freundlichkeit für pädagogische Arbeit besonders eignet, da man so
hofft, die Gefahr für die Kinder tatsächlich zu minimieren. Andererseits soll den
Kindern so signalisiert werden, dass es sich um einen ungefährlichen, nicht bissigen Hund handelt, der darüber hinaus den vorgelesenen Geschichten der Kinder
gerne zuhört. Es handelt sich also um die Selektion einer Eigenschaft, die auf die
Darstellung eines gutmütigen Zuhörers abzielt. Deshalb sprechen sich manche
Autoren auch gegen bestimmte Hunderassen aus: neben hygienischen Vorbehalten
(starker Speichelfluss, Geruch oder Neigung zum Haaren) sei ein „ansprechendes
Äußeres […] von Vorteil“ (Beetz/Heyer 2014: 88). Insbesondere Rassen, „die in der
Bevölkerung ein negatives (gefährliches) Image haben“, werden ausgeschlossen, da
„der stressreduzierende und beruhigende Effekt […] vom Beginn der Förderung
an greifen [soll], was auch von Erwartungen und Einstellungen abhängt“ (Beetz/
Heyer 2014: 88). Es geht hier also nicht um eine unterstellte Gefährlichkeit, sondern
darum, dass die Hunde über ihr Äußeres ein Image zur Darstellung bringen und
die Kinder dementsprechend auf die Hunde reagieren. Dazu gehört auch, dass
Wohlwollende Zuhörer
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Hunde „Ruhe ausstrahlen“ (Interview 3) müssen. Die Annahme ist, dass sich die
Ruhe des Hundes auf das Kind überträgt:
Benno ist eigentlich eher derjenige, der Ruhe in einen Raum bringt. […]
Ähm, die Kinder kriegen eine Ruhe äh, die sind konzentrationsfähiger ähm,
die passen sich im Unterricht dann besser an. Die ähm haben oft dann auch
nicht mehr so diese provokative Art, ja? Also das verliert sich, also das ist äh
schön mitanzugucken, ja?
(Interview 3)
Hunderassen, denen man einen unruhigen Charakter nachsagt, gelten deshalb als
ungeeignet für den Einsatz als Lesehund. Dementsprechend äußert sich dieselbe
Interviewpartnerin über einen Jack Russel Terrier, der in Kinderheimen Kunststücke vorführt:
Also wo er ruhig temperamentvoll sein kann und Kunststücke macht und so,
ne […] Das wird nicht in Schulen sein, sondern in so Kinderheimen, wo wir
dann mit so (einem) Jack Russell kommen werden, ne? Und dann geben die
Kinder ihm Kommandos, ja? Und das ist dann ein Hund, der Power hat und
äh wieder anders ist, ne? Aber in der Schule (-) seh’ ich diesen Jack Russell
zum Beispiel nicht, ne?
(Interview 3)
Ein weiterer Interviewpartner berichtet davon, dass sein Havaneser (eine kleine
Hunderasse) bei den Kindern im Gegensatz zu „großen, dunklen Hunden“ keine
Angst auslöse. Und eine andere Interviewpartnerin erzählt, dass ihr Hund zum
Kuscheln einlade:
Also ich find halt Max lädt halt schon so durch seine (pelzige), äh bärige Art,
ja, und durch seine nette äh Maske, die der schon so hat, ne, lädt der schon
total ein, „Hey, kuschel mit mir“, ja? Also dieses, dieses Pelztier, ja? Also, ich
finde (das) schon alleine, wenn der so angelaufen kommt, ne? Also der strahlt
auch schon so, ja überhaupt, man braucht gar keine Angst vor ihm zu haben,
ne? Das ist schon so, dieses eigentlich fehlt ihm nur der Knopf im Ohr.
(Interview 1)
Ideal scheinen demnach Hunde zu sein, die durch ihr Aussehen den Charakter
eines Kuscheltiers signalisieren. Ein Kuscheltier beißt nicht, es ist weich, lässt sich
ohne Gefahr streicheln und vermittelt Ruhe und Sicherheit. Die Auswahl eines
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Tobias Röhl
Hundes dient damit zum einen der Domestikation eines wilden Tieres, zum anderen wird damit Arbeit an der Darstellung des Hundes als zurückhaltendem und
ungefährlichem Zuhörer geleistet.
3.2
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